Microsoft: XP never dies

Windows XP gibt es seit heute nicht mehr - jedenfalls fast.

Microsoft sähe das Betriebssystem gern einen schnellen Tod sterben, um endlich den Nachfolger Vista in Massen loszuwerden - die Kunden aber sträuben sich. Diverse Hersteller wollen sogar auf Umwegen weiter XP anbieten.

Für einen Softwarehersteller ist es eine paradoxe Situation: Man hat ein Produkt durch ein der eigenen Meinung zufolge besseres ersetzt - aber die Kunden sind stur und wollen lieber das alte behalten. Oder sogar das alte neu kaufen, auf neuen Rechnern. Der verstolperte Abschied von Windows XP zeigt vor allem eines: Wie wenig Microsoft es geschafft hat, Kunden und PC-Hersteller vom Nachfolgersystem Vista zu überzeugen.

Doch das Volk murrt, und Vista findet wenig Freunde. Die "Rettet XP"-Petition der Fachzeitschrift "Infoworld" zum Beispiel haben über 210.000 Menschen unterschrieben - am Freitag ging ein Umschlag mit einem USB-Stick voller digitaler Signaturen an Microsoft-Chef Steve Ballmer (mehr...). Der letzte Satz des Begleitbriefs von "Infoworld"-Chefredakteur Eric Knorr lautet: "Wir bitten Sie respektvoll, das beste Betriebssystem, das Microsoft je produziert hat, weiterhin anzubieten." Das muss wehtun. Bill Gates hatte sich seinen Abschied vom Tagesgeschäft bestimmt anders vorgestellt.

Aber nicht nur renitente Endkunden wollen von Vista nichts wissen - auch diverse Großunternehmen warten lieber auf die nächste Windows-Version "Windows 7", das es ab Januar 2010 geben soll, und bleiben bis dahin bei XP.

Eben hat Daimler klargemacht, man werde nicht zu Vista wechseln. General Motors und ausgerechnet der Microsoft-Partner Intel hatten schon vor einiger Zeit erklärt, man werde vorerst bei XP bleiben. Microsoft will bis Ende 2009 volle und bis Ende 2014 begrenzte technische Unterstützung für XP anbieten. Der Patch-Tuesday also, an dem es für Windows-Nutzer monatlich neue Sicherheits-Flicken gibt, wird vorerst auch für XP-Besitzer weiter eine Rolle spielen.

Verkehrte Markt-Welt: Vista kaufen - und "downgraden"

Und auch neue Rechner wird man dann am Ende doch weiterhin mit vorinstalliertem XP kaufen können - wenn auch teils auf merkwürdigen Umwegen. Die "Home Edition" bleibt als Betriebssystem für Mini-Laptops, sogenannte Netbooks, im Einsatz. Die Kleinstrechner wie Asus' EeePC oder die zahlreichen Epigonen kämen mit Vista aufgrund seines Ressourcenhungers kaum zurecht - gäbe es kein XP, wäre das gesamte Marktsegment auf Linux angewiesen, und das kann bei Microsoft niemand wollen.

Auch wer einen neuen Rechner mit etwas mehr Prozessorwucht kauft, wird aber auf absehbare Zeit die Option haben, mit XP zu arbeiten - Microsoft bietet nämlich an, zwar offiziell Vista auszuliefern, die Installation aber auf XP "downzugraden". Verschiedene Hersteller, darunter Hewlett Packard und Dell, haben bereits angekündigt, sie würden ihren Kunden das Downgraden bei Bedarf abnehmen - die bekämen dann auf Wunsch einen Rechner mit vorinstalliertem XP und beiliegender Vista-Lizenz.

Quelle: Spiegel Online

Zurück